„Bargeld braucht nur noch Deine Oma – und der Bankräuber“, „Bargeld ist das Blut in den Adern der Kriminalität“. Bargeldlose Zahlung ist „Smart-Cash“ (= kluges Geld). Mit dümmlichen Werbebotschaften wie diesen wird in der EU die Abschaffung des Bargeldes propagiert. Doch ausgerechnet jetzt hat sich ein peinlicher Vorfall enormen Ausmaßes ereignet: Hacker haben in einem digitalen Beutezug eine Milliarde Euro vom Konto einer Zentralbank gestohlen.
Man war sichtlich bemüht, den Milliarden-Coup unter den Teppich zu kehren. Anfang Februar knackten Cyber-Diebe das Sicherheitssystem der Notenbank von Bangladesch und kamen an die Zugangsdaten für Zahlungsüberweisungen. An einem Wochenende, als die Büros geschlossen waren, wiesen die Hacker die New Yorker Niederlassung der US-Notenbank (Fed) an, vom Konto der Zentralbank etwa eine Milliarde Euro auf Privatkonten in Sri Lanka und auf den Philippinen zu überweisen. Der Finanzminister von Bangladesch erfuhr davon erst einen Monat später aus der Zeitung. Ein Großteil des Geldes konnte nur deshalb zurückgebucht werden, da den Cyber-Dieben ein Tippfehler bei der Überweisung unterlaufen war und sie „fandation“ statt „foundation“ geschrieben hatten. Etwa 100 Millionen Euro bleiben verschwunden. Sie wurden über Spielcasinos in Asien weiß gewaschen. Der Finanzminister von Bangladesch kündigte eine Klage gegen die New Yorker Fed an, was zu diplomatischen Spannungen zwischen den USA und Bangladesch führte.
In den europäischen Medien war über den spektakulären „digitalen Beutezug“ wenig zu lesen; auch nichts davon, dass Cyber-Kriminelle allein in den letzten 2 Jahren etwa 1 Milliarde Dollar von weltweit 100 Geldhäusern gestohlen haben, oder in Schweden, dem Land, in dem das Bargeld fast zur Gänze abgeschafft ist, die computerunterstützten Betrugsfälle auf das 7-fache jährlich angestiegen sind.
Das Schweigen hierzu ist kein Wunder: Meldungen wie diese stören den Plan von EU und Europäischen Zentralbank (EZB), das Bargeld abzuschaffen. Seit Monaten bemüht man sich dort, die Verwendung von Barem – immerhin dem gesetzlichen Zahlungsmittel – zu kriminalisieren. Bargeldobergrenzen werden diskutiert, Banken weigern sich, Geldscheine zu wechseln und EZB-Chef Draghi wird im Mai den 500-Euro-Schein abschaffen, „da dieser ein kriminelles Instrument werden kann“. Nun, nach diesem Vorfall müsste Herr Draghi eigentlich auch alle Computer abschaffen wollen, da diese von Hackern als kriminelle Instrumente benützt werden.
Die Kriminalisierung von Cash dient nur als lachhafte Notlüge zur Abschaffung des Bargeldes, die durch digitale Betrugsfälle ins Absurde geführt wird. Doch das, worüber wir heute lachen, kann morgen schon Wirklichkeit sein: Wer hätte vor wenigen Jahren gedacht, dass es 400 Milliarden-Euro-Rettungspakete für Griechenland gibt und wir das Land dauerhaft erhalten müssen, oder für jede marode Bank in der Euro-Zone haften? Wer hätte es für möglich gehalten, dass ein paar demokratisch nicht gewählte EZB-Banker in geheimer Sitzung die Zinsen für Sparer abschaffen und – ohne parlamentarische Kontrolle – 1.600 Milliarden an Banken, Gläubiger, Pleitestaaten und Spekulanten umverteilen? Ein EU-Beitritt der Türkei galt als völlig illusorisch. Ab Juni besteht für 80 Millionen Türken Visa-Freiheit.
Wohin die Reise geht, wurde vor kurzem klar: Das staatliche deutsche Fernsehen (ZDF) beschrieb zur Hauptsendezeit in einem Beitrag, der mit der Abschaffung des Bargeldes anmoderiert wurde, welche Vorteile es doch hätte, wenn sich die Bürger einen Computer-Chip unter der Haut einpflanzen ließen. In Schweden gebe es schon ein Projekt. Sobald man in die Nähe eines geeigneten Lesegeräts oder Empfängers kommt, ist die Person identifiziert. Da fällt mir ein Satz Goethes ein: „Wer in der Demokratie schläft, wacht in der Diktatur auf“.