EU – Einheitsstaat oder Europa der Staaten?

Am 23. Juni stimmen die Briten in einem Referendum über den Verbleib in der EU ab. Damit stößt Großbritannien die längst fällige Diskussion darüber an, wohin wir gehen wollen: In den zentralistischen EU-Einheitsstaat oder in ein Europa der Staaten.

Egal wie das britische Referendum ausgeht – es wird eine gewaltige Niederlage für Brüssel und seine Politik der Vergemeinschaftung von Schulden, ungeschützten Außengrenzen und Vorschriften für Gurkenkrümmungen, Apfelgrößen, Glühbirnen, Standard-Topflappen oder Toilettenspülungen. Denn sollten die Briten am 23.Juni für den weiteren Verbleib in der EU stimmen, dann nur, weil Großbritannien Sonderrechte hat, die das „klare Nein“ zu einem Europa von Juncker, Schulz, Merkel & Co bedeuten. Oder anders ausgedrückt: An unserer Stelle wären die Briten schon vorgestern aus der EU ausgetreten.

Hier ein paar Fakten:
Die Briten zahlen um 66% weniger in die EU ein, als sie eigentlich müssten (man nennt das „Briten-Rabatt“). Sie sind auch nicht Mitglied des Schengen-Raumes. Das bedeutet, dass Großbritannien seine Grenzen im Zuge des Flüchtlings-Chaos selbst kontrollieren, schützen und schließen darf. Die Briten können sogar frei wählen, bei welchen EU-Maßnahmen der Innenpolitik sie mitmachen – Flüchtlinge aus Nordafrika und dem arabischen Raum lassen sie sich von Brüssel beispielsweise nicht zuteilen. Großbritannien hat auch den Euro nicht eingeführt. Die Landeswährung ist nach wie vor das britische Pfund. Großbritannien hat daher die hunderte Milliarden schweren Euro-Rettungsmaßnahmen nur zu einem Bruchteil mitgetragen.

Die Entscheidung der Europäischen Zentralbank etwa, unbegrenzt Staatsanleihen von Pleitestaaten und faule Kredite von Banken um € 80 Milliarden monatlich zu kaufen, kümmert die Briten ebenso wenig wie die permanente Rettung Griechenlands, die bereits € 400 Milliarden gekostet hat. Das Wichtigste ist Großbritannien die Erhaltung Londons als Europas bedeutendste Finanzmetropole. Und wie es der Zufall so will, seit 2014 ist der britische Lord und Banken-Lobbyist Jonathan Hill EU-Kommissar für Finanzstabilität, Finanzdienstleistungen sowie Union der Kapitalmärkte (Nun lesen Sie den Absatz noch einmal und denken Sie an Österreichs EU-Politik).

Die Briten sind keine Egoisten, sondern Erzliberale und damit das Gegengift zum zentralistischen Einheitsstaat, der die enormen wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Unterschiede zwischen den Mitgliedsländern ignoriert. Sie sehen in der EU das, was sie ursprünglich sein wollte: ein europäischer Binnenmarkt für den Handel mit Waren und Dienstleistungen. Ein Wirtschaftsraum eben. Kein abgehobener, von Bürokraten errichteter Einheits- und Schuldenstaat, sondern ein modernes „Europa der Staaten“. Die Briten haben daher in allen EU-Bereichen, die nichts mit Handel zu tun haben, ihre Ausgaben und Beteiligungen zurückgefahren.

„Wer glaubt, wir müssten allen 28 EU-Mitgliedsstaaten die gleichen Schuhgrößen verpassen, damit alle besser vorankommen, leugnet die dynamische Kraft der Unterschiedlichkeit. Der wachsende Zentralismus in der EU zerstört die europäische Idee“, sagte Klaus von Dohnanyi, ehemaliger sozialdemokratischer Minister und späterer Hamburger Bürgermeister.

In Abwandlung eines geflügelten Wortes könnte man auch sagen: „Am britischen Wesen mag die EU genesen“.