Zurück zur Vernunft

Die weltpolitische Lage ist hochexplosiv. Erstmals seit Jahrzehnten sind drei europäische Großmächte sowie Russland und die USA in einen Krieg (Syrien) verstrickt. Die zunehmend fundamentalistische Türkei ist im Irak einmarschiert. Polens neue Regierung provoziert Russland. Und das zur Weltmacht Nr. 1 aufsteigende China steuert auf einen Handelskrieg mit den USA zu.

Papst Franziskus warnte anlässlich der Terror-Anschläge in Paris vor „einem dritten Weltkrieg in Stücken. Der ist mit verschiedenen parallel laufenden Konflikten zurzeit im Gange“.

Vielerorts wurden die Worte des Papstes als überzogen hingestellt, doch sie waren es nicht. Ganz im Gegenteil. Franziskus hat schon öfters bewiesen, dass er über größeren Realitätssinn und weit besseres Verständnis für die weltpolitischen Zusammenhänge verfügt, als die meisten Politiker in der EU. Man denke nur an das Telefonat des Papstes mit Assad und Putin vor zwei Jahren, oder seine Worte im Zuge des Asylchaos: „Flucht ist keine Lösung“. Das mahnte Franziskus zu einem Zeitpunkt, als die meisten EU-Politiker noch naiv „Wir schaffen das“ oder „Refugees Welcome“ gerufen haben.

Auch jetzt erfasst der kluge Jesuit die Lage: Erstmals seit Jahrzehnten sind Großbritannien, Frankreich und Deutschland sowie Russland und die USA in einen Krieg verwickelt. In Syrien. Jedes Land aus unterschiedlichen Motiven und mit unterschiedlicher Zielsetzung. Und ja, es ist Krieg, auch wenn die Staaten – um ihr Gutmenschen-Image zu bewahren – keine Kriegserklärungen mehr abgeben und die Medien verharmlosend von „Luftschlägen“ oder „begrenzten Aktionen“ sprechen oder ferngesteuerte Kampf-Drohnen die Drecksarbeit verrichten.

Die Türkei – die sich unter Präsident Erdogan zu einem fundamentalistischen Staat mit strategischer Allianz mit Saudi-Arabien entwickelt – ist in den Nord-Irak einmarschiert. Das ist eine klare Verletzung des Völkerrechts. Die irakische Regierung hat die Türken nicht „um Hilfe gebeten“ und droht Ankara mit Krieg. Im eigenen Land führt die türkische Armee einen brutalen Feldzug gegen die Kurden. Zu all dem schweigt die EU, weil sie die Türkei zur Eindämmung des Flüchtlings-Ansturms auf Europa braucht. Dessen nicht genug, kommt es nun zu einer gefährlichen Neuauflage des kalten Krieges: Das Nato-Mitglied Türkei hat einen russischen Bomber abgeschossen, der im syrisch-türkischen Grenzgebiet Einsätze gegen die Terror-Miliz „IS“ geflogen war. Die Russen behaupten, dass die Türken Öl-Geschäfte mit den islamischen Terroristen betreiben. Bei einem militärischen Konflikt der Türkei mit Russland würde der Nato-Bündnisfall ausgelöst – dann stünden wir tatsächlich im 3. Weltkrieg.

Polens neue – unerträgliche – Regierung, die im eigenen Land das Verfassungsgericht und die freien Medien entmachtet hat, zündelt bedenkenlos in Richtung Osten. Der polnische Präsident Andrzej Duda sagte öffentlich, dass „er darüber nachdenke, einen Partnerschafts-Block (gegen Russland, Anmerkung) zu gründen, der sich von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer und an die Adria erstreckt“. Polens Regierung verlangte die Aufhebung der „NATO-Russland-Übereinkunft 1997“. Die unter anderem die Stationierung von Atomraketen auf polnischem Territorium verbietet. Und die Ukraine – sie ist pleite und wird nur mit Geld der EU-Steuerzahler finanziert – hat den 2 Millionen Menschen auf der von Russland annektierten Krim wiederholt den Strom abgestellt.
Diese Krisen haben den „schlafenden Riesen“ China geweckt. Die Chinesen errichten nun Militärstützpunkte am Horn von Afrika und vermitteln im Konflikt zwischen Afghanistan und Pakistan; also dort, wo der Westen gescheitert ist. Sie haben mit Russland Gas-, Atomenergie- und Raumfahrtabkommen geschlossen. Ihre Währung gilt als Welt-Reserve-Währung. Die USA sehen den Aufstieg Chinas mit Argwohn. US-Präsident Obama will chinesischen Stahl mit einem Strafzoll von 256% belegen. Das wäre der Auftakt zu einem Handelskrieg mit offenem Ausgang. Kurzum: Es wäre für uns am besten, 2016 Papst Franziskus mit der Außenpolitik zu betrauen.