Ein so genannter „Whistleblower“ (Hinweisgeber) übergab der „Süddeutschen Zeitung“ 11,5 Millionen Dokumente über Briefkastenfirmen in Steueroasen und zweifelhafte Finanzdeals aus den Jahren 1977-2015. In diesen Panama-Papieren sollen auch zahlreiche Österreicher vorkommen.
Der Datensatz mit den 11,5 Millionen Dokumenten (E-Mails, Briefe, Kreditverträge, Gründungsurkunden und Kontoauszüge) stammt von der Anwaltskanzlei „Mossack Fonseca“ mit Sitz in Panama City. Daher der Name des Skandals, Panama-Papiere. Die Daten über Briefkastenfirmen und zweifelhafte Finanzdeals in Steueroasen aus den Jahren 1977-2015 wurden der besagten Kanzlei gestohlen: Hacker waren in das Computersystem illegal eingedrungen und hatten diese Dokumente über einen „Whistleblower“ an die „Süddeutsche Zeitung“ zur Veröffentlichung weitergeleitet. Die wiederrum lud 376 Journalisten aus 78 Ländern zur Auswertung des Datenmaterials ein; immerhin ging es um die Vernetzung von 214.488 Briefkastenfirmen.
Nun ist eine Firmen-Beteiligung in einer Steueroase nicht automatisch kriminell; sie wird es dann, wenn kriminelle Verhaltensweisen damit verbunden sind: Steuerbetrug durch Verheimlichen steuerpflichtiger Vermögen, Gewinne und Provisionen vor heimischen Finanzbehörden, oder das Halten und Weißwaschen von Drogen-, Schmier- und Schwarzgeldern. Neben Gelegenheiten für Kriminelle bieten Steueroasen auch Steuervermeidungs-Tricks, mit denen Superreiche oder milliardenschwere Konzerne – ganz legal – jährlich weniger als 1% Steuer zahlen. Die Formel lautet: „Dort, wo man Geld macht, rechnet man sich arm. Die Profite kassiert man in Steueroasen, deren Boden man nie betreten hat“. Das hat eine enorme soziale Dimension: Denn Superreiche und viele Großkonzerne benützen unsere Ressourcen, unser Wasser, unsere saubere Umwelt, unseren Bildungs- und Lebensstandard sowie unser sicheres Rechtssystem, um Profite zu machen, die sie dann global verschieben. Dem Gemeinwesen, das all das teuer bereitstellt, wird der faire Betrag vorenthalten. Das ist „moralisches Zechprellen“.
Österreichs Staatsanwaltschaften, Steuerbehörden und die Finanzmarktaufsicht müssen nun jedem einzelnen Hinweis aus den Panama-Papieren nachgehen. Auf Steuerhinterziehung ist mit harten Strafen zu reagieren. Legale Steuervermeidungs-Tricks von Konzernen sind von Spezial-Teams auszuwerten und künftig abzustellen. Wenn nicht anders möglich, durch Änderungen der Steuergesetze und internationalen Druck auf Steueroasen. Das ist Aufgabe und Verpflichtung unserer Regierung, die in dieser Frage gegenüber den Bürgern eine große soziale Verantwortung trägt. Keinesfalls darf es wieder zu einem Steuerabkommen wie jenem zwischen Österreich und der Schweiz im Jahr 2012 kommen, das Personen erneut erlaubt, Schwarzgeld-Millionen gegen Bezahlung einer einmaligen Steuer von nur 15-38% – straffrei – weißzuwaschen.
Doch bei alldem darf man eines nicht vergessen: Auch die Panama-Papiere wurden durch eine schwer kriminelle Handlung erlangt. Und zwar durch den Einbruch in das Computersystem einer Anwaltskanzlei. Der Jubel diverser „Aufdeckungsjournalisten“ darüber ist zweifelhaft. Denn es ist nicht Aufgabe selbst ernannter „Enthüller“ auf eigene Faust einzubrechen, Daten zu stehlen und diese zur Veröffentlichung weiterzugeben. Nur dem Rechtsstaat obliegt die Ordnungsmacht mit richterlich angeordneten Durchsuchungsbefehlen und Beschlagnahmungen vorzugehen. Daran ändert sich auch nichts, nur weil man statt „stehlen“ nun „leaken“ sagt und den „Datendiebstahl“ als „Datenleck“ bezeichnet. In dem Sinn ist Julius Cäsar zu verstehen, als er sagte: „Ich liebe den Verrat, nicht aber den Verräter“.