„Die 162 Reichsten der Erde haben mehr Vermögen als die halbe Weltbevölkerung“. Diese Schlagzeile beherrschte tagelang alle Medien. Empörte Politiker forderten Umverteilung. Sie hätten lieber zwischen den Zeilen lesen sollen.
Jeff Bezos, Gründer des Online-Warenhaus Amazon, ist rund 186 Milliarden Dollar schwer. Säße er allein mit mir in einem Raum, dann hätten wir beide ein statistisches Durchschnittvermögen von 93 Milliarden Dollar. Laut Statistik ist auch der sicherste Platz während eines Gewitters die Kirchturmspitze – denn dort hat es bisher die wenigsten Blitzschlagopfer gegeben. Und ein Mensch mit sechzig war zwanzig Jahre im Bett und hat drei Jahre gegessen.
Damit ist fast alles über die Unbrauchbarkeit statistischer Erhebungen gesagt. „Statistik ist eine große Lüge, die aus lauter kleinen Wahrheiten besteht“, sagte schon Lionel Strachey.
Verblüffend ist nur, wie leichtgläubig Politiker immer wieder auf mit Statistiken unterlegte Schlagzeilen hineinfallen. Vor Beginn des Weltwirtschaftsforums in Davos geistern jedes Jahr Meldungen wie diese tagelang durch alle Medien: „Die 162 Reichsten der Erde haben mehr Vermögen als die halbe Weltbevölkerung“.
Politiker springen regelmäßig auf diesen Zug auf und fordern Umverteilung. Bei näherem Hinsehen erweisen sich die meisten statistischen Vermögensvergleiche jedoch generell als eher windig.
Was ist das „Nettovermögen“ eines Menschen? Antwort: Das gesamte Vermögen minus den Schulden. Demnach hat ein Kind, das zwei Euro in seinem Sparschwein, aber keine Schulden hat, ein größeres Vermögen als 30 % der Weltbevölkerung. Das klingt schon sehr nach ungerechter Welt. Was wäre die Lösung? Dem Kind die zwei Euro wegzunehmen?
Ein anderes Beispiel ist Michael Jackson: Er war laut „Guinness-Buch der Rekorde“ der erfolgreichste Entertainer aller Zeiten mit einem Milliarden-Dollar-Vermögen. Wegen seines glamourösen Privatlebens war Jackson zeitweise pleite. Deshalb galt er laut „Nettovermögens-Statistik“ als einer der ärmsten Menschen aller Zeiten – dem man durch Umverteilung hätte helfen müssen.
Auch ein Student an einer US-Elite-Universität, der sein Studium mit Kredit finanziert und dem sein erster Job Millionen Dollar einbringen wird, ist laut Statistik ärmer als ein thailändischer Reisbauer. Es ist eben absurd: Geht man wie die meisten Statistiken vom Nettovermögen aus, dann leben die Ärmsten nicht in Indien, Bangladesch oder Afghanistan. Sie leben in Europa – wo es ein funktionierendes Kreditwesen gibt. Denn rund 30 % der Menschen haben mehr Schulden als Vermögen, weil in reichen Industrieländern so ziemlich jeder sein Leben mit Kredit finanziert (Hausbau, Autoleasing etc). Das ist keine nach Umverteilung schreiende Ungerechtigkeit, sondern ein Vorteil für die Menschen.
Aber selbst wenn man die monatlichen Einkommen der Bürger vergleicht, kommt man zu falschen Ergebnissen. Sozialhilfeempfänger, Studenten und junge Künstler haben eines gemeinsam. Sie leben oft am Rande des Existenzminimums. Aber während Sozialhilfeempfänger ihr hartes Schicksal bewältigen müssen, durchleben Studenten und junge Künstler eine der glücklichsten Zeiten ihres Lebens! Reichtum kann man eben nicht nur in Geld messen!
Was am Ende bleibt, ist eine Erkenntnis, die Winston Churchill zugeschrieben wird: „Ich glaube nur der Statistik, die ich selbst gefälscht habe“.