NATO-Experten warnen in einem Bericht: Chinas Macht und globale Reichweite stellen offene demokratische Gesellschaften vor akute Herausforderungen. Das Land sei „Systemrivale in vollem Spektrum“. Seit Beginn der COVID-19-Pandemie käme es zu chinesische Desinformationskampagnen. Der US-Geheimdienstchef wird in seiner Wortwahl gegenüber China noch deutlicher.
Die NATO benötigte acht Monate, neunzig Sitzungen und 200 Experten, um sich strategisch auf die kommenden 10 Jahre auszurichten. Das Ergebnis der Neuausrichtung ist im aktuellen Strategiebericht „NATO 2030“ zusammengefasst. Den Anstoß zur Reform des westlichen Verteidigungsbündnisses gab Frankreichs Präsident Macron: Er hatte die NATO zuvor öffentlich als „hirntot“ bezeichnet. Europa drohe geopolitisch zu verschwinden und werde nicht mehr Herr seines Schicksals sein. Macron forderte ein „Ende der europäischen Naivität“ und eine „gemeinsame Strategie gegen Rotchina“.
Und tatsächlich: Chinas Bedrohungspotential wächst auf allen Ebenen. „Das Ausmaß der chinesischen Macht und seine globale Reichweite stellen offene demokratische Gesellschaften vor akute Herausforderungen“, heißt es in dem englischsprachigen NATO-Bericht. Die Chinesen „erweitern ihre militärische Reichweite in den Atlantik, das Mittelmeer und die Antarktis. Sie vertiefen ihre Verteidigungsbindungen zu Russland. Sie entwickeln Langstreckenraketen und Langstreckenflugzeuge, Flugzeugträger und Atomangriffs-U-Boote mit globaler Reichweite. Sie erweitern ihre weltraumgestützten Kapazitäten und vergrößern ihr nukleares Arsenal“.
Mehr noch: China sei „Systemrivale in vollem Spektrum“. Die Chinesen kaufen „in ganz Europa Infrastruktur mit potentiellem Einfluss auf Kommunikation und Interoperabilität“. Zahlreiche Alliierte seien bereits „Zielscheiben von Cyber-Angriffen geworden, die von in China ansässigen Akteuren ausgehen“. Im Verteidigungsbereich wäre es zu „Diebstahl geistigen Eigentums gekommen“. Alliierte wären – insbesondere seit Beginn der COVID-19-Pandemie – Zielscheibe chinesischer Desinformationskampagnen geworden.
Und weiter heißt es im NATO-Report: „Es ist das erklärte Ziel chinesischer Politik, bis 2030 Weltspitze im Bereich künstlicher Intelligenz und bis 2049 global-führende Technologie-Supermacht zu sein“.
Auch wenn im Strategiebericht betont wird, dass die NATO kein Land als ihren Gegner betrachte, darf man sich keinen Illusionen hingeben. Der Westen glaubte immer, dass Chinas kommunistische Diktatur mit steigendem Wohlstand liberaler „westlicher“ wird. Doch das Gegenteil ist der Fall: Chinas KP sitzt fester denn je im Sattel. Sie erschafft einen noch nie da gewesenen Überwachungsstaat mit Gedankenlesegeräten, Gesichtsscannern und brutalen Repressionen gegen Andersdenkende. Außenpolitisch tritt das Land als autoritäre Macht auf. Die Chinesen haben allein in Afrika für 1,4 Billionen Dollar Infrastruktur errichtet und sich damit afrikanische Rohstoffe gesichert. Selbst die EU sagt über Chinas Autoritarismus, dass „alternative Modelle der Regierungsführung propagiert“ würden.
John Ratcliff, US-Geheimdienstchef, wird in seinem Artikel für das „Wall Street Journal“ mit dem Titel „China ist die nationale Sicherheitsbedrohung Nummer 1“ noch deutlicher: „China will die USA und den Rest des Planeten dominieren – wirtschaftlich, militärisch, technologisch. ..Sich dem Versuch Pekings zu widersetzen, die Welt neu zu gestalten und zu dominieren, ist die Herausforderung unserer Generation.“