Für Politiker, Ex-Politiker und Politik-Darsteller werden auf Kosten der Steuerzahler Jobs mit kafkaesken Titeln geschaffen. Vom „Vorsitzenden des Beirats für das Gedenk- und Erinnerungsjahr 2018“ bis zur „Bevollmächtigten der Stadt Wien für Daseinsvorsorge und Kommunalwirtschaft“. Kennt die Ungeniertheit der Parteien bald kein Halten mehr?
Wer erinnert sich nicht an den „Beauftragten der Stadt Wien für Universitäten und Forschung“? Alexander Van der Bellen – damals Grünen-Chef und heute Bundespräsident – wurde 2012 von der rot-grünen Stadtregierung dazu ernannt. Einen „Beauftragten der Stadt Wien für Universitäten und Forschung“ gab es weder vor noch nach ihm. Van der Bellen erhielt hierfür ein Budget von 1,05 Millionen Euro. 113.000 Euro entfielen auf die Kosten für sein Büro und 457.000 Euro auf die Personalkosten für seine drei Mitarbeiter, deren „Bezüge höher waren als die Gehälter vergleichbarer Vertragsbediensteter der Stadt Wien“, so der Stadtrechnungshof. Die Spesen des Büros – unter anderem für sechs Auslandsreisen – beliefen sich auf 480.000 Euro. Van der Bellen erhielt kein Honorar, er bezog aber sein Gehalt als Nationalratsabgeordneter und wohl auch als Grünen-Chef, später jenes als Abgeordneter zum Wiener Landtag und Gemeinderat weiter. Über den Nutzen der Zusatztätigkeit „Uni-Beauftragter“ ist offiziell wenig bekannt. Die Stadt Wien hat nach Beendigung des Projekts 2015 jedenfalls keinen Abschlussbericht über Ergebnisse verlangt.
Heinz Fischer wurde nach Ende seiner Amtszeit von der Regierung Kern & Mitterlehner zum „Vorsitzenden des Beirats für das Gedenk- und Erinnerungsjahr 2018“ ernannt. Zur Durchführung der ehrenamtlichen Tätigkeit erhält der 80-jährige, in Pension seit 2016, „angemessene Räumlichkeiten in der Hofburg und Personal“. Die Höhe der Kosten sind unbekannt, aber: „Die Bereitstellung der budgetären Mittel für die Vorhaben aus dem allgemeinen Budget wird sichergestellt“, heißt es im Regierungsbeschluss kryptisch. Das wird die Ehegattin des bekennenden Sozialisten Fischer beruhigt haben. Sie hatte sich noch zuvor laut „Krone“ im Ö3-Interview Gedanken gemacht, ob es in der Pension „einen Chauffeur geben wird oder ob wir wieder ganz zurückfallen in eine Privatheit, wo wir dann mit 78 und 73 Jahren wieder anfangen müssen selber Auto zu fahren?“
Renate Brauner, Ex-Finanzstadträtin der Stadt Wien, soll „Bevollmächtigte der Stadt Wien für Daseinsvorsorge und Kommunalwirtschaft“ werden. Sie soll Gehalt, Büro, Mitarbeiter und Spesenersatz erhalten. „Ich will Wien künftig national und international vertreten und meine Erfahrungen und Netzwerke weiter einbringen“, erklärte Brauner, die als Finanzstadträtin wegen ihrer zahlreichen Ballbesuche im Ausland, Wiens hoher Schulden und Spekulationen mit Franken-Krediten in die Schlagzeilen kam.
Österreich scheint überhaupt das Land der Beauftragten, Bevollmächtigten und Sonderberater zu sein: es gibt „Radverkehrsbeauftragte“, „Fußgängerverkehrsbeauftragte“ und „Beauftragte für kulturellen Brückenbau“. Ex-Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter ist bis Ende 2018 sogar „Sonderberater für die Ratspräsidentschaft Österreichs“. Danach berät er das Generalsekretariat des EU-Rates, vielleicht sogar den „EU-Sonderbeauftragten für Religionsfreiheit“ Jan Figel („Ex-EU-Kommissar für Allgemeine und berufliche Bildung und Kultur“).