„Nein, meine Söhne geb’ ich nicht“

Die EU hat mit Zustimmung Österreichs die Gründung einer militärischen Eingreiftruppe beschlossen. Bundespräsident Van der Bellen hält eine österreichische Teilnahme an der Truppe mit der Neutralität vereinbar. Die Sache ist es ein demokratie- und neutralitätspolitischer Skandal!

Die EU bekommt eine militärische Eingreiftruppe. Sie soll bereits 2025 einsatzfähig sein. Es handelt sich um Bodentruppen, Luft- und Seestreitkräfte. Das haben die Außen- und Verteidigungsminister der EU-Länder beschlossen; darunter Klaudia Tanner für Österreich. Ein Einsatzszenario der Eingreiftruppe könnte laut EU-Außenbeauftragten „das Eingreifen in einen bewaffneten Konflikt“ sein!

Es bedarf keiner nähren Erläuterung, dass „das Eingreifen in einen bewaffneten Konflikt“ mit unserer Neutralität nicht vereinbar ist! Man muss kein Verfassungsexperte sein, um das festzustellen. Dazu genügt der gesunde Menschenverstand.

Würde diese EU-Truppe beispielsweise in den Ukraine-Konflikt eingreifen, dann stünde wohl auch Österreich im Krieg!

Das ist in dieser Konsequenz untragbar! Es wurde an der Stelle schon gesagt: Wenn jemand von Österreichs Neutralität auch nur einen Millimeter weit abrückt, dann die Österreicher im Wege einer Volksabstimmung – und nicht eine türkis-grüne Regierung, die in Umfragen nur noch bei etwa 35% liegt.

Bundespräsident Van der Bellen sollte das Gegengewicht zu Türkis-Grün sein. Der Ex-Grünenchef hätte bereits Kanzler Nehammer zur Ordnung rufen müssen, als er Österreichs Neutralität als „von Sowjetkommunisten aufgezwungen“ abqualifizierte. Doch Van der Bellen ist kein Gegengewicht: Er reiste sogar extra nach Brüssel, um dort zu erklären, dass auch für ihn eine österreichische Teilnahme an der EU-Eingreiftruppe mit der Neutralität vereinbar ist. Van der Bellen räumte zwar ein, dass „es sensible Fragen sind“, aber „auf meiner Seite keine Alarmstimmung“.

Mit Verlaub, Herr Bundespräsident: Es herrscht Alarmstimmung – und zwar in der Ukraine! Nichts wäre verheerender, als in dieser gefährlich aufgeheizten Stimmung einem „Militärbündnis“ beizutreten. Die dunkelsten Kapitel unserer Geschichte haben uns gelehrt, dass Neutralität das höchste Gut ist. Sie hat den Österreichern Freiheit und den Schweizern jahrhundertelange Friedensperioden gebracht. Der Schweiz sind dank Neutralitätsstatus zwei Weltkriege erspart geblieben. Wir werden als neutrales Land weltweit geschätzt.

„Ich dachte immer, jeder Mensch sei gegen den Krieg, bis ich herausfand, dass es welche gibt, die dafür sind, besonders die, die nicht hingehen müssen,“ schrieb Erich Remarque, Schriftsteller-Ikone, Weltkriegsteilnehmer, Pazifist und Lebensgefährte von Marlene Dietrich. Es liegt mir fern, irgendjemanden auch nur in die Nähe der Kriegsbefürwortung zu stellen. Wenn aber alle Regierenden im Ernstfall an die vorderste Front müssten, gebe es wohl augenblicklich keine Kriege mehr. Ich denke, das wollte Remarque sagen. Reinhard Mey fasst das Gesagte in seinem Lied „Nein, meine Söhne geb` ich nicht“ so zusammen: „Sie werden nicht in Reih‘ und Glied marschieren, Nicht durchhalten, nicht kämpfen bis zuletzt, Nicht auf einem gottverlass’nen Feld erfrieren, Während ihr euch in weiche Kissen setzt!“