Die Wiener Linien haben den Begriff „Schwarzfahren“ verbannt. Es heißt nur noch „Fahrgäste ohne gültiges Ticket“. Warum? Das ist schwer zu erschließen.
Bei den Wiener Linien verwendet man ab sofort das Wort „Schwarzfahren“ nicht mehr. Sämtliche Plakate, auf denen das „neue Unwort“ zu lesen war, wurden mit Feuereifer ausgetauscht. Auf der Wiener-Linien-Homepage fand man den Begriff „Schwarzfahren“ letztmalig im Februar 2021. „Sprache ist etwas Lebendiges und deshalb ändert sich auch der Sprachgebrauch immer wieder einmal“, behauptet man bei den Wiener Linien.
Doch wer bestimmt, was unser Sprachgebrauch ist? Die Wiener Linien? Ernsthaft? Die Wiener Linien sind für vieles berühmt oder berüchtigt, aber nicht für Germanistik.
Die Sache hat eine Vorgeschichte: 2012 wollte der Münchner Die-Linke-Stadtrat Orhan Akman den Begriff „Schwarzfahren“ eliminieren. Er fand, man müsse das Wort durch ein „nicht-rassistisches“ ersetzen. Die Münchner Verkehrsgesellschaft erteilte damals Orhan Akman eine Abfuhr: „Uns ist nicht bekannt, dass die Bezeichnung Schwarzfahrer, die im Übrigen weder von uns stammt noch ausschließlich von uns genutzt wird, einen rassistischen Hintergrund hätte.“ Und Christiane Wanzeck, Linguistin an der Ludwig-Maximilians-Universität, erklärte zu Orhan Akmans Vorstoß: „Das ist jemand, der keinen Sprachverstand hat! Dass Schwarzfahrer ein rassistischer Ausdruck sein soll, ist sprachlich null haltbar und an den Haaren herbeigezogen“.
Der Begriff „Schwarzfahren“ hat tatsächlich nichts mit Menschen dunkler Hautfarbe zu tun. Ein blinder Passagier ist ja auch nicht blind und das Wort „dämlich“ kommt nicht von „Dame“. Der Begriff „Schwarzfahren“ stammt aus dem Jiddischen. „Shvartz“ heißt dort „arm“. Ein Schwarzfahrer ist jemand, der sich kein Ticket leisten kann.
Die Wiener Linien stehen mit ihrer eigenwilligen Linguistik nicht alleine da. Der rot-grüne Berliner Senat hat im September 2020 ein sogenanntes „Diversity-Programm“ beschlossen. Das Bewusstsein aller Beamten und Angestellten im öffentlichen Dienst soll durch neuen Sprachgebrauch erweitert werden. Man darf nicht mehr „Ausländer“ sagen. Es heißt jetzt „Mensch mit internationaler Geschichte“ oder „Einwohnender ohne deutsche Staatsbürgerschaft“. Ob man in Berlin noch „Frau“ oder am Ende gar „Mensch mit Menstruationshintergrund“ sagen soll, ist nicht belegt.
Im Klartext: Deutsch ist eine der größten Sprachen der Welt. Sie ist die Heimat der Dichter und Denker. Man kann keinen Gedanken fassen, ohne ihn in Worte zu kleiden. Je dümmlicher die Sprache, desto dümmlicher die Ideen. Ich brauche von Verkehrsbetrieben oder Politikern keine Bewusstseinserweiterung dahin, welche Wörter angeblich auf eine „Schwarze Liste“ sollen.
Was ziviler Ungehorsam bedeutet, haben unlängst Hannovers Stadtväter erfahren. Nachdem die Stadtverwaltung einen Leitfaden für „geschlechtergerechte Sprache“ herausgegeben hatte, sandten die Bürger Unmengen wütender E-Mails an die Stadtverwaltung. Wertungsfrei, unmotiviert und lediglich beispielhaft sei eine davon wiedergegeben: „Diese Stadtverwaltung besteht aus den größten Deppen der deutschen Geschichte.“